Donnerstag, 14. Februar 2013

Hab mir meine Streifen verdient!

Um mal mit Inbrunst ein paar Metaphern zu verschränken: Dass es manchmal anders kommt, ist eine Binsenweisheit, aus der man sich so manches Körbchen flechten kann, das Wasser trägt. Will meinen: Kaum jammere ich ein bisschen vor mich hin, dass um mich herum alle verbriefte Genies (mit gestempelten Genie-Diplomen) sind, haben besagte Genies den Anstand, sich die ein oder andere Blöße zu geben.
 
Gestern beim Mittagessen haben sich die Koryphäen darüber ausgetauscht, dass es echt zu viel verlangt ist, für einen anstehende Kongress mehr als ein halbes Dutzend Themenvorschläge zu sichten und bewerten. Ich hab derweil still mein Sandwich gemümmelt und an die hundertfünfzig Stück gedacht, die ich letzten Sommer begutachtet habe.

Und heute habe ich einem Raum voller Informatikstudenten gezeigt, wie sie unser - ich entschuldige mich für die terminologische Katastrophe - Beispiel-Spiel zum Laufen bekommen. Ich müsste lügen wenn ich behaupten wollte, es ginge nicht runter wie Öl, den fleischgewordenen technischen Support für einen Haufen hochintelligenter junger Leute zu machen, die selbst Spiele entwickeln und programmieren. Das ging natürlich nur deshalb, weil ich mich, im Gegensatz zu allen anderen, vorbereitet und gut informiert hatte.

Die Erfahrung lehrt: gute Vorbereitung und harte Arbeit sind in der Regel doch sehr viel nützlicher als eine Bürowand voller Diplome. Die ursaarländische Tugend des Arschbackenzusammenkneifens macht sich eben auch im Ausland bezahlt. Meine schwarze Seele - Bergbautradition, nicht Boshaftigkeit - freut sich an dem kleinen Triumph, den ich mit stolzgeschwellter Brust stellvertretend für alle Arbeiterklassenkinder errrungen habe. Oder vielleicht für alle diejenigen, die Bedienungsanleitungen lesen - für irgendwen auf jeden Fall.

Es sieht also aus, als hätte ich mir heute in so mancher Hinsicht meine Streifen verdient. Dass es liebe Menschen in Deutschland gibt, die daran auch vorher keinen Zweifel hatten, ehrt und freut mich natürlich sehr. Die Beweisphotos von meiner großen Schwester Claudia und meinem Lieblingsautonarren Robin:


Damit wäre wohl unzweifelhaft empirisch bewiesen: Rallyestreifen machen schneller!

Wenn die Minderwertigkeitskomplexe sich wieder in ihre ranzige Ecke zwischen Galle und Nieren verzogen haben, lässt sich auch viel mehr anerkennen, was für ein ungemein spannendes Arbeitsumfeld ich hier habe. In Saarbrücken und Bochum bin ich ja ein internationales Umfeld immer schon gewohnt - in den letzten Jahren habe ich gleichzeitig mit Leuten von der Ruhr, dem Ober- UND dem Niederrhein das Büro geteilt -, aber unser Institut hier ist schon eine andere Größenordnung in dieser Hinsicht. Meine Kollegen kommen aus Norwegen, Schweden, Griechenland, Spanien, Italien, Malta, Australien, Korea, den USA und dem Iran. Und ein paar Dänen und zwei weitere Deutsche haben wir auch noch. Bei den Studenten sind die Dänen zwar in der Mehrzahl, aber auch da haben wir Leute aus dem Rest von Skandinavien, Italien und Bulgarien. Da lernt man eigentlich zwangsläufig ständig irgendwas - wenn auch nicht immer fachlich. So anstrengend das ständige Radebrechen ist (denn wirklich mühelos ist das Englisch für die wenigsten), könnte ich mir doch vorstellen, dass mir diese Erfahrung fehlen könnte, wenn ich wieder nach Hause komme. Der Austausch mit Kollegen aus anderen Kulturen ist wahrscheinlich das spannendste am Wissenschaftlerleben, und wo man sonst auf internationale Konferenzen fahren muss, um das mal ein paar Tage zu haben, ist es hier Alltag. Es hat irgendwo noch immer eine andere Qualität, weil es eben Alltag ist. Man diskutiert nicht fünf Tage in der Woche acht Stunden lang intensiv und geht danach Cocktails saufen  in geselliger Runde den wissenschaftlichen Austausch weiterführen. Jedenfalls nicht im Winter. Mal sehen, was der Sommer bringt.

Und nach fast zwei Wochen harter Arbeit habe ich dann heute ab vier tatsächlich das bekommen, warum ich insgeheim hergekommen bin: In einem Raum mit anderen Spinnern sitzen, im Netzwerk miteinander zocken, und dafür auch noch bezahlt werden.

Manchmal liebe ich meine Job!

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