Samstag, 9. Februar 2013

Citizen Service


Am Mittwoch war ich auf dem Einwohnermeldeamt. Für die Einheimischen hat diese Aussage mit Sicherheit den gleichen kafkaesken Unterton wie für jeden Deutschen. Warteschlangen, undurchsichtige Anmeldemodalitäten, Plakate und Wegweiser, die von einem zertifizierten Desinformationsspezialisten mit viel Liebe und Zeit gestaltet zu sein scheinen - das können die Dänen auch. An der Tür des Westend-Bürgerzentrums hat mich erst einmal ein farbenfrohes, freundliches und doch bestimmtes Baustellenposter begrüßt, und ich war schon drauf und dran, wieder umzudrehen und mein Glück sonstwo zu versuchen.

Zehn Minuten später war ich eines Besseren belehrt. Die Kopenhagener haben ziemlich säuerlich aus der Wäsche geguckt wegen des nur halb geöffneten Amts, aber für die Ausländer war alles geregelt. Während ich im Wartezimmer noch darüber nachgedacht habe, warum auf der sonst so informativen (und scheinbar ehrlichen) Website der Stadt nichts von den Bauarbeiten am "International Citizen Service" zu lesen war, bin ich auch schon drangekommen und habe dann begriffen, dass es nichts zu melden gab. Das Notfallprogramm hier hat besser funktioniert als das Alltagsgeschäft in den meisten Behörden anderswo.

Natürlich hat es schon seine Zeit gedauert, bis ich mit allem durch war, aber neunzig Minuten für Meldung bei Staat, Kommune und Steuer finde ich jetzt nicht übertrieben, und das bisschen Papierkram, dass da angefallen ist, würde in Deutschland wahrscheinlich nicht für die Hundesteuer gereicht haben.

Um der Dänemark-Euphorie so wenig Chancen wie möglich zu geben, habe ich danach dann versucht, ein Konto zu eröffnen. Bei der Danske Bank war ich zuerst eine Viertelstunde in einem unglaublich geschäftigen Schalterzentrum, wo im 30-Sekunden-Takt die Kunden verarztet wurden. Als ich drangekommen bin, hat man mich aber zum Servicecenter um die Ecke geschickt, weil nur da neue Verträge gemacht werden. Dort war ich dann zwar der einzige Kunde, musste aber trotzdem länger warten als in der anderen Filiale, weil keine der drei Kundenberaterinnen Lust auf Kunden oder Beratung hatte. Weitere zehn Minuten später - meine Beraterin musste ihrer Kollegin vorführen, wie ihr Nagellack wirkt, wenn sie einen deutschen Personalausweis hält - wurde ich dann mit einem höflichen "wir melden uns per Post bei Ihnen" und schon weniger freundlichen "ja, kann dauern" verabschiedet.

Falls also mal wieder ein betriebswirtschaftlich verbildeter Zeitgenosse über die unvermeidlich größerer Effizienz von kommerziellen gegenüber öffentlichen Prozessen schwadroniert, könnt Ihr ihn nach Dänemark zum Amt und zur Bank schicken. So ein funktionierender Sozialstaat hat schon was für sich ...

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