Natürlich sorgen derartige Überlegungen nicht dafür, dass ich die Sache aufgebe und vergesse. Ganz im Gegenteil: seit einer Woche habe ich immer wieder über Chris' Frage nachgedacht und versucht, meinen eigenen Widerwillen gegen Ranglisten zu ergründen und zu überlisten. Die wichtigste Erkenntnis war, dass es nur um Subjektivität und Geschmack geht, dass ich also aus dem Bauch raus antworten kann. Wenn man fast die Hälfte seines Lebens damit verbracht hat, sich selbst und seinen Studenten genau das auszutreiben, ist es nicht ganz so leicht, das zuzulassen, aber ich habe es immerhin versucht.
Meine Top Ten der Superheldencomics gibt es deshalb dann auch, wie sich das gehört, in aufsteigender Reihenfolge und auf mehrere Posts verteilt. Was wahrscheinlich selbst Nicht-Kennern auffallen wird und deshalb vorweg angesprochen gehört: Es ist kein einziger "klassischer" Comic darunter, nichts aus Golden, Silver oder auch nur Bronze Age. Das heißt natürlich nicht, dass ich meine Klassiker nicht gelesen hätte oder sie nicht schätzen würde. In meinem Denken über Superheldenstoffe haben sie aber eben den Status von Mythen. Sie bilden die Grundlage für alles, was danach kommt, aber es liegt in ihrer Natur, dass sie immer wieder erzählt worden sind und dass nicht unbedingt die erste Fassung die prägende ist. Der Mord an Thomas und Martha Wayne, der Tod Gwen Stacy's, die Ankunft Supermans auf der Erde – all das ist dutzende Male erzählt worden, und die Überschneidungen und Widersprüche zwischen den verschiedenen Versionen sind es, die diesen Figuren und ihren Geschichten den überlebensgroßen Status verleihen. Sicher gibt es Ausnahmen, aber wenn ich etwa die Knightfall-Saga in die Liste aufnehmen würde, müsste ich, der Gründlichkeit halber, Action Comics # 1, Detective Comics #1, Showcase #4, Fantastic Four #1 usw. in die Liste aufnehmen, denn dann würde ich von der historischen Wichtigkeit der einzelnen Geschichten sprechen und davon, wie sie das Genre definiert oder verändert haben.Das alles nur zur Einleitung – willkommen bei Akademikers! Morgen gibt es dann Teil eins der Liste. Als Appetizer vorweg nur noch ein paar Texte, die es nicht in die Top Ten geschafft haben, obwohl ich sie sehr schätze und jederzeit empfehlen würde: Grant Morrison/Dave McKean: Arkham Asylum: A Serious House on Serious Earth (DC, 1989), Neil Gaiman/Andy Kubert/Richard Isanove: Marvel 1602 (Marvel, 2003), Mark Millar/Dave Johnson: Red Son (DC, 2003), Mark Millar/J. G. Jones: Wanted (Top Cow, 2003-2005) ... Und dann ist da noch die lange Liste mit Titeln von Morrison, Cooke, Bendis und Ellis, die ich selbst noch nur im Auge und nicht in der Hand habe.
So viel gute Bücher und nur so wenig Zeit!
Hätte ich geahnt das eine TopTen Liste dir solche Schmerzen bereiten könnte hätte ich vermutlich nicht gefragt. Sorry dafür. Vielen Dank für den großen Einblick in dein Comicregal.
AntwortenLöschenSchmerzen? Waren wohl Wehen ... Es ist schon schön, wenn es dann erst einmal da ist ;-)
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