Samstag, 30. August 2014

Was Wintersportorte in ihrer Freizeit treiben

Manchmal ist Arbeit schon lästig. Etwa, wenn man in seinem Blog gern von dem spannenden USA-Aufenthalt Anfang des Monats schreiben will, aber partout nicht dazu kommt. Ich habe ja noch während der Fahrt ein paar erste Beobachtungen gepostet, aber nicht nur war auch dort die Zeit extrem knapp, die Verfügbarkeit von ordentlichem Internet war es noch sehr viel mehr. Bevor ich also noch ganz vergesse, wie es dort war, wird es höchste Zeit, darüber zu schreiben.

Die Konferenz, wegen der ich in Snowbird bei Salt Lake City war, ist die DiGRA 2014, die Nachfolgeveranstaltung zu der Tagung in Atlanta, über die ich letztes Jahr geschrieben hatte. Aus einer ganzen Reihe von Gründen war die Konferenz dieses Jahr mit rund hundert Teilnehmern nur halb so groß wie letztes Jahr, und trotzdem waren viele von den Leuten da, auf die ich mich im Vorfeld gefreut hatte. Schade war nur, dass ich eigentlich nicht so wirklich da war.

Zunächst einmal hätte ich es fast nicht nach Salt Lake City geschafft. Der einzig bezahlbare Flug, den ich von Kopenhagen nach Salt Lake City finden konnte, ging über Frankfurt und Chicago, jeweils mit recht knappen Umsteigezeiten von nicht viel mehr als einer Stunde. Um mich dafür, dass ich so waghalsig gebucht hatte, schon gleich vorneweg zu bestrafen, hätte ich in Frankfurt fast meinen Interkontinentalflug verpasst. Mein erster Flug ist verspätet aus Kopenhagen los, hat seine Verspätung wieder rausgeholt, ist dann aber in Frankfurt von der Bodenkontrolle zu einem falschen Gate geführt worden und musste noch einmal über den halben Flughafen fahren. Ich hatte am Schluss noch 15 Minuten, um von B25 nach Z50 zu kommen. Ich habe nachgemessen: es sind fast zwei Kilometer Entfernung, drei Stockwerke Treppen ab- und vier aufwärts, die ich in weniger als zehn Minuten in voller Montur und mit schwerem Bordgepäck gerannt bin. Das hätte ich mir alles sparen können, denn die für den Flug vorgesehene Maschine hatte einen Defekt, und obwohl die Lufthansa schnell ein Ersatzflugzeug aus dem Hut gezaubert hat, konnte ich noch gemütlich zwanzig Minuten nach Hause telefonieren und ausschwitzen, bevor ich an Bord konnte.

Weil die Maschine brandneu und für die Südamerikaroute eingeplant war, hatte sie eine andere Bestuhlung als die ersetzte. Fünf Reihen weniger im Flugzeug bedeuten etwas mehr Beinfreiheit, was natürlich klasse ist - vorausgesetzt, man bekommt noch einen Platz in dem plötzlich überbuchten Flugzeug. Natürlich musste ich erst durch den ganzen Jumbo bis ins Heck, um herauszufinden, dass es meinen Sitz in diesem Modell nicht gab. Oder wie es die charmante Stewardess formuliert hat: "Ah, Sie sitzen heute fünf Meter hinterm Klo an der frischen Luft."

Irgendwann hatte ich dann meinen Sitzplatz und war auf dem besten Weg, irgendwann mit dem Schwitzen aufzuhören. Das Medienangebot war riesig und verlockend, das Essen für Lufthansa-Verhältnisse sehr mäßig, aber mir war alles ziemlich egal - anfangs, weil ich einfach nur froh war, an Bord zu sein, und später, weil ich andere Probleme hatte. Der Flug kam in Chicago verspätet an, und diesmal musste ich in einer Dreiviertelstunde durch den Zoll, quer über O'Hare - einen mit Frankfurt größten Flughäfen der Welt - und durch eine zusätzliche Sicherheitskontrolle. Das habe ich so knapp geschafft, dass man direkt hinter mir die Tür des Flugzeugs verriegelt hat und wir praktisch losgerollt sind, bevor ich auch nur gesessen habe. Dass mein Gepäck die Nacht in Chicago verbringen würde, war mir da eigentlich schon klar.

Ob es die Anstrengung und der Stress des Umstiegs in Frankfurt war oder ich etwas schlechtes gegessen habe: ich habe noch während des Flugs Durchfall bekommen, der dann auch fast die ganze Konferenz durch vorgehalten hat. Dementsprechend wenig kann ich auch vom Rest der Reise und der Konferenz erzählen, weil ich eigentlich nie so richtig bei vollen Sinnen war. Mit Darmkrämpfen, aber ohne feste Nahrung oder auch nur Unterwäsche zum wechseln habe ich die ersten zwei Tage nur darauf gewartet, dass mein Koffer ankommt und ich vielleicht wenigstens eine Banane oder etwas Haferbrei drinbehalte. Von Kollegen habe ich in der Zeit versucht, höflichen Abstand zu halten, und ich habe alle örtlichen Souvenirshops nach Klamotten durchsucht, die mir aber nicht im geringsten geholfen hätten. Bis Salt Lake City sind es von Snowbird 50 km, ein kurzer Abstecher war also nicht wirklich drin.

Meinen Vortrag habe ich auf Autopilot gehalten, aber ab dem selben Abend ging es mir langsam besser, und ich habe noch ein bisschen was von der Konferenz und dem eigentlich wunderschönen Snowbird mitgenommen. Auf 2300 Metern Höhe in einem Tal zwischen 3000ern gebaut, ist es ein künstlicher Wintersportort mit einem halben Dutzend Hotels verschiedener Klassen und einem kleinen Vergnügungspark in der Mitte. Die Architektur ist anfangs ein bisschen verstörend, denn alles ist aus massivem Beton gebaut, was den Komplex aber komplett Lawinensicher macht. Von der ursprünglichen Bergbausiedlung am gleichen Ort - es gab wohl in den Bergen reiche Silbervorkommen - ist nichts mehr übrig, und außer Natur gibt es auch keine Sehenswürdigkeiten, aber die Natur ist dafür nicht nur spektakulär, sondern auch extrem gut erschlossen und zugänglich. Am vorletzten Abend haben wir mit ein paar Leuten einen ersten "Spaziergang" gewagt, der mit 200 Höhenmetern auf 600 Meter Länge und noch einer der machbarsten Wanderwege der Gegend ist. Nach drei Tagen Fasten und in der Höhenluft habe ich trotzdem gedacht, ich sterbe.

Zum Abschluss der Tagung sind wir dann alle mit der Seilbahn auf den 3000 Meter hohen Hidden Peak hinaufgefahren, und auch wenn dort die Luft so richtig dünn wurde, konnte ich den Ausflug dann nach einem vertragenen Abendessen und Frühstück doch halbwegs genießen. Die Aussicht und die (für Flachlandtiroler wie mich) exotischen Gebirgsblumen waren mehr als denkwürdig. Für unseren anschließenden Rund-Trip um den Grand Canyon herum hätte es keine bessere Einstimmung geben können, als von hoch oben schon einmal die Welt bis zum Horizont studieren zu können.




Fortsetzung folgt ...

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