Montag, 25. August 2014

Marshmallow Man

An diesem Wochenende hatte ich Besuch von der besten Ehefrau der Welt, und wir sind, wie sich das gehört, wieder stilvoll auf Erkundungstour durch Dänemark gegangen. Die freundlichen Menschen von Europcar haben uns ein kleines Upgrade beschert, so dass wir diesmal extra fein unterwegs waren. Unsere erste Dienstfahrt hat uns zu IKEA geführt, wo ich ein paar Annehmlichkeiten besorgen wollte, die sich schlecht in der S-Bahn transportieren lassen. Verglichen mit meinem ersten Trip dorthin in dem ollen, verbeulten, blassroten Fiat-Transporter war das Vorfahren in einem schneeweißen Audi Sportsback schon mehr als chefig. Irgendwie habe ich darauf gewartet, dass gepuderte Lakaien auflaufen und uns mit Bündeln von Pfauenfeder spalierstehen würden. Ist natürlich nicht passiert, war aber trotzdem jederzeit wiederholenswert.

Wir hatten dann zwei nette Tage in den angeblich besonders sehenswerten Orten, die wir beim letzten Mal verpasst haben, nämlich Roskilde, Køge und Stevns Klint. Die Altstadt von Roskilde ist ganz nett, aber außer dem Dom - dem Vorbild der nordischen Backsteinkirchen ganz allgemein, wie uns die Infotafeln dort belehrt haben - und dem mittlerweile etwas in die Jahre gekommenen Wikingerschiff-Museum bietet die Stadt nicht so wahnsinnig viel. Wenn dann noch dazu die Kirche wegen Hochzeitfeiern nicht für Touristen zugänglich ist, hält sich der Schauwert doch arg in Grenzen. 

Als gute Intellektuelle haben wir dann Zuflucht im sicheren Hafen eines Museums für moderne Kunst gesucht, dem Arken bei Ishøj. Das Gebäude ist mehr als nur Teil des Gesamtkonzepts; die Räume sind ziemlich perfekt auf die darin ausgestellten Kunstwerke abgestimmt. Man muss natürlich wissen, worauf man sich einlässt. Damien Hirsts Installation aus toten Fliegen dürfte nicht jedermanns Sache sein.


Am Sonntag sind wir dann noch weiter nach Süden. Die dänischen Kreidefelsen Stevns Klint sind beeindruckend. Allerdings braucht man für eine Wanderung den ganzen Küstenpfad entlang selbst im Sommer ausgesprochen wetterfeste Ausrüstung, so wechselhaft wie das Wetter hier ist. Wir sind trockenen Fußes durchgekommen und ins benachbarte Køge gefahren, wo uns dann das Wetter eingeholt hat. Das Städtchen ist sehr touristisch, weil es sowohl Badestrände als auch Museen und spektakuläre Wanderwege zu bieten hat, und noch dazu eine Altstadt, die mit ihren Fachwerkhäusern absolut mit dem alten Königssitz Roskilde mithalten kann. 

Am Abend sind wir dann noch über den Kopenhagener Vorort Dragør zurückgefahren. Dessen furchtbar langweilige Neubausiedlungen kenne ich schon länger und besser, weil da ein Kollege wohnt, aber wir haben uns zum ersten Mal in den historischen Ortskern verirrt. Der war dann tatsächlich ein krönender Abschluss mit lauter windschiefen Fischerhäuschen, wie man sie sonst nur in Museumsdörfern findet - mit dem feinen Unterschied, dass hier Leute wohnen und Geschäfte haben.

Dass wir es aber am Sonntag überhaupt irgendwohin geschafft haben, war schon ein kleines Wunder, denn wir hatten eines der großen Sportevents des Jahres buchstäblich direkt vor der Haustür. Beim Frühstück haben wir das unverkennbare Kreischen anfeuernder Fahrradfans gehört und mit Schrecken festgestellt, dass der Iron Man Copenhagen durch meine Straße geführt wurde. Das hat uns zwei Stunden Ruhepause verschafft, bevor wir überhaupt nur mit dem Auto wegfahren durften. Letztlich war das natürlich kein Problem, aber ich musste den ganzen Tag drüber nachdenken, was wir wohl gerade für einen Spitzensport betreiben. Vielleicht sollte ich beim IOC mal den Antrag auf eine neue Kombinationssportart stellen: fünf Kilometer spazieren gehen, fünfzig Kilometer Autofahren und fünfzehn Stockwerke Treppensteigen. Und nächstes Jahr richte ich dann den 'Marshmallow Man Copenhagen' aus.


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