Dienstag, 25. Juni 2013

Junimond

Seit Jahresanfang habe ich immer, wenn ich durch meinen Kalender geblättert habe, begehrlich auf den Juni geschielt. Wo sonst der Platz oft nicht reicht, war der Juni herrlich öd und leer. Monatelang habe ich mir ausgemalt, mit welchen wundervollen Inhalten sich dieser Zeitraum füllen würde, wie ich mit Bedacht und Genuss Freiheit in Beschäftigung eintauschen würde.

Natürlich ist der Monat gekommen und fast schon wieder gegangen, ohne dass ich es auch nur richtig gemerkt habe. Ich bin überhaupt nicht unzufrieden mit dem wirklichen Juni - ganz im Gegenteil -, aber bei jedem Blick in den Kalender kommt kurz die Erinnerung an die unbestimmte Vorfreude zurück, ganz sanft, wie ein süßer Nachgeschmack, ein lauer Windhauch. Da kann die zufriedene Erkenntnis, fleißig und produktiv gewesen zu sein, natürlich nicht mithalten.

Immerhin habe ich im Juni eine Menge Altlasten abgearbeitet. Zwei Baustellen im gleichen Stil schiebe ich zwar noch vor mir her, aber während ich jetzt gerade fast zwei Monate damit zugebracht habe, zwei hingeschlampte Aufsätze komplett zu überarbeiten, ist die Aussicht auf ein, zwei Tage Literaturangaben vervollständigen fast schon entspannend. Vorher muss ich nur noch einen der Vorträge schreiben, die ich in drei Wochen in Paris halte. Und ein paar praktische Dinge erledigen (schauder).

Wer mich länger kennt, weiß von meiner recht eingeschränkten Genussfähigkeit für Reisen. Aphoristisch ausgedrückt ist das schönste am Reisen für mich - mit Abstand - das Heimkommen. Ähnlich wie beim Skifahren bestreite ich ja gar nicht den Reiz der Sache an sich, sondern komme schlichtweg nicht über das Gefühl einer gewissen Unverhältnismäßigkeit weg: wochenlang Arbeiten, stunden- oder tagelang planen, nur um die Unbequemlichkeit von Verkehrsmitteln ertragen zu müssen und endlich, für ein paar Tage, etwas Neues zu sehen. Das ist wie frierend, in zu engen Stiefeln einen Hang hinaufgezerrt zu werden, nur um ihn dann wieder hinunterzufahren - vielleicht nicht sinnlos, aber im Hinblick auf praktischen Nutzen fragwürdig.


Jedenfalls gehört Reiseplanung in mein ganz persönliche Pandämonium von Dingen, zu denen man mich zwingen muss (wie Friseur- und Zahnarztbesuche). Gestern habe ich den Großteil eines Tages damit verbracht, Flugverbindungen und Hotels für meine nächsten Dienstreisen herauszusuchen. Um es mal so zu sagen: ohnehin schon zwischen zwei Städten hin und her zu pendeln, macht die Sache nicht unbedingt leichter. Und die Ziele sind zum Teil auch eher ungewöhnlich. Aber wenigstens ist mir dann, als ich eigentlich hätte buchen können, immer aufgefallen, dass ich noch eine wichtige Kleinigkeit nicht weiß und deshalb noch warten muss, bevor ich Nägel mit Köpfen machen kann. So habe ich dann auch noch ein bisschen Zeit um mir zu überlegen, ob es mich nervös machen sollte, dass die Lufthansa den einzigen Flughafen Transsylvaniens immer um kurz nach Mitternacht anfliegt. Wir werden sehen. 

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