Montag, 9. Februar 2015

Ende der Schonzeit

Winterschlaf war schon immer ein Konzept, dass ich sehr sympathisch fand. Als Kind habe ich irgendwo, wahrscheinlich in einem Lustigen Taschenbuch, mit großer Faszination die folgende  Rechnung gelesen: Wenn wir Menschen Winterschlaf halten würden wie unsere höher entwickelten Cousins, die Bären, Igel und Eichhörnchen, wäre die Lebenserwartung so hoch, dass unser derzeitiges Staatsoberhaupt noch immer Karl der Große wäre. Das mag erstens leicht übertrieben und zweitens lang nicht so wünschenswert sein, wie es im ersten Moment klingt. Nachhaltig beeindruckt hat es mich trotzdem. Und seit ich ein bisschen näher am Polarkreis lebe als früher und zwischen November und Februar gute sechzehn Stunden pro Tag ohne Sonnenlicht auskommen muss, praktiziere ich so etwas ähnliches.

Ein paar meiner Kollegen haben klodeckelgroße Tageslichtleuchten in ihren Büros, die für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr aussehen, als stammten sie aus den Restbeständen eines Kreissaalausstatters (was, nebenbei bemerkt, ein preisverdächtig konsonantverdoppelndes Wort ist). Andere holen sich ihre Endorphine und Melanine aus Sport oder Schokolade, und wieder andere fahren sechs Wochen nach Hause in den Süden. Ich habe mir ein abwechslungsreiches Feierabendprogramm verordnet, bei dem Lesen, Musikmachen, Gymnastik und Fernsehen abwechseln. (Richtig! Hier kommt die Erklärung für meine diesmal obszön lange Blogpause).

So gern ich nämlich schreibe, habe ich davon in den Wintermonaten tagsüber meistens mehr als genug. So lästig manchmal das Unterrichten ist – selbst für jemanden, der es eigentlich sehr gern tut –, da es einem ganz schön die Woche zerreißt, bildet es doch für uns Dozenten einen nötigen menschlichen Gegenpol zur Arbeit im stillen Kämmerlein. Acht Stunden am Stück ungestört am Schreibtisch verbringen zu können, klingt während des Semesters immer traumhaft, und im Hochsommer kann es das auch sein. Im Winter heißt das aber, im Halbdunkel ins Büro zu kommen und in tiefster Nachtschwärze nach Hause zu gehen, ohne für mehr als eine karge Mittagsmahlzeit den Schreibtisch verlassen zu haben.

Nicht nur halten sich nach solchen Tagen mein innerer Antrieb und meine körperliche Kapazität zum Schreibtischsitzen in Grenzen, es passiert schlichtweg auch wenig, was sich für unverfängliche Blogplauderei anbieten würde. Und dann sind da noch E-Mails an einzelne, die ich gern und ausgiebig schreibe, die sich aber trotzdem gerade zum Jahreswechsel stapeln. Und – aber nicht weitererzählen, das ist ein Geheimnis – ich schreibe gar nicht mal so besonders schnell.Aber all das hat sich jetzt zum Semesterstart ein bisschen gewandelt. Wenn plötzlich wieder so viel Unterschiedliches anliegt, dass ich regelmäßig zehn Stunden auf der Arbeit verbringen muss, hat das den paradoxen Nebeneffekt, dass für sowas wie Blogposts plötzlich zwischendrin besser Zeit ist. Und, viel entscheidender, das anlaufende Tagesgeschäft bedeutet, dass es wieder viel mehr bizarre, alberne und damit für diesen Ort passende Geschichten zu erzählen gibt. Also, demnächst in diesem Theater: geschmolzene Meerjungfrauen, deutsche Wertarbeit, Tauschkultur, fortgeschrittene Metereologie und vieles andere mehr. Und immer mal wieder Fundstücke wie das hier, aus der Kategorie "was Spielstudenten so im Atrium der Uni hinterlassen." Wenigstens war es nicht in einem Hörsaal ...

1 Kommentar:

  1. Gott sei Dank!
    Er lebt, ist wach und schreibt...
    Ich wünsche dir längere Tage mit viel Sonnenschein

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