Sonntag, 15. September 2013

Gegendarstellung: Sehenswürdigkeiten in Kopenhagen

Mit nur noch knapp zwei Wochen auf der Uhr bis zu meiner Rückkehr nach Deutschland wurde es jetzt doch höchste Zeit für ein bisschen Tourismus in und um Kopenhagen. Bis jetzt hatte ich mich in der Beziehung ja sehr zurückgehalten, und die wenigen Male, wo ich mich hier zum Spaß umgetan habe, waren nur bedingt erfolgreich. Vielleicht erinnern sich noch ein oder zwei Leser daran, dass ich mich immer wieder etwas verhalten zu den touristischen Angeboten meiner aktuellen Zwischen-Heimat geäußert habe. Zur Erinnerung: Wir mögen das Planetarium nicht!

In den letzten Tagen haben sich Stadt und Umland aber wirklich Mühe gegeben, ihre zweite Chance zu nutzen und sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Zugegeben: auch diesmal haben ein paar Sehenswürdigkeiten sich sehr dänisch gegeben. Der wirklich schöne botanische Garten, beispielsweise, ist kostenlos und jederzeit zugänglich, so wie die anderen Stadtparks rundherum. Das Problem ist nur, dass die spezialisierten Gewächshäuser genau eine Stunde (ja, in Worten: eine Stunde) pro Woche offen sind. Das Haupthaus hat natürlich öfter und länger auf – dreimal in der Woche für drei Stunden. Dafür kann man aber jeden Tag vom Gärtner frisches Gemüse oder übriggebliebene Blumenzwiebeln kaufen. Man versteht diese Einrichtung wohl eher als Nutzgarten.

Auch Rosenborg Slot, das Renaissance-Schloss Christians III. ist etwas anders, als der weltgewandte Durchschnittstourist vielleicht erwartet. Oder in den Worten meiner Frau: "Und wo ist jetzt das Schloss? Das kleine Ding da? Jetzt nicht wirklich!" Als passionierte Salonkrimi-Miträtsler haben wir tatsächlich schon geschätzte zweihundert Landhäuser verarmter Landadliger im ländlichen England in Filmkrimis gesehen, in die dieses königliche Stadtschloss reingepasst hätte. Mit den inneren Werten ist es auch nur bedingt weit her, bis man über die gleiche Wendeltreppe wie Gäste seit vierhundert Jahren in den Ballsaal im dritten Stock kommt und, wie Generationen vor einem, angenehm überrascht anerkennend nickt – und sich wundert, wie man als königlicher Architekt drauf sein muss, um den Ballsaal nur über eine Hühnerleiter zugänglich zu machen. Ebenso aufschlussreich ist der Umstand, dass der königliche Abort der mit Abstand hellste Raum im Schloss ist. Man hat wohl früher auch schon gern auf dem stillen Örtchen geschmökert.

Seit der Renaissance ist natürlich ein bisschen Wasser durch den Öresund geflossen, und mit den veränderten Prioritäten der Herrscher haben sich auch die sehenswerten Gebäude gewandelt. Ein bisschen versteckt hinter hohen Mauern, die durchaus an ein italienisches Kloster erinnern, liegt zum Beispiel der Innenhof der alten Nationalbibliothek, eine Oase der Ruhe mitten in einem der geschäftigsten Teile der Stadt. Die Anlage ist ebenso stark an sakraler wie säkularer Architektur ausgerichtet und hat eine schwer zu beschreibende Stimmung irgendwo zwischen Universität, Kloster und Friedhof. Und direkt an den alten Bau ist vor gut zehn Jahren die neue Erweiterung angebaut worden, einer der typischen Kopenhagener Glas-und-Beton-Quader, den die Einheimischen wegen seiner Farbe und der ungleichmäßigen Oberfläche den "Schwarzen Diamant" nennen. Das Gebäude muss man nicht mögen, aber die Art, wie dort Kultur öffentlich gelebt wird, in einer Mischung aus Feierstimmung und Normalität, ist wirklich bewundernswert und sehr sympathisch.

Auch die Museen der Stadt sind wirklich sehenswert, gerade weil vieles an ihnen anders ist als in anderen europäischen Metropolen. Manches ist natürlich wie überall – etwa wenn man am Kartenschalter geradezu herausfordernd mitgeteilt kriegt, dass etwa ein Viertel der Ausstellung im Moment nicht zu sehen ist, der Preis deswegen aber nicht reduziert wird –, und der Moment der Demut, mit dem man dann gehorsam seinen Obolus entrichtet, ist halt der wahre Preis der Gelehrsamkeit. Wenn man so eine Kröte geschluckt hat, wird man dann aber von architektonisch immer spannenden Gebäuden, durchdachter Museumspädagogik und ungewöhnlichen Exponaten belohnt. Vielleicht lag es an den aktuellen Sonderausstellungen bzw. den geschlossenen Dauerausstellungen, oder wir haben nur komisch ausgewählt, aber ich habe noch nie so viele Skulpturen (im Verhältnis zu Gemälden) gesehen wie in Kopenhagen.

Die Ny Carlsberg Glyptotek und das Thorvaldsen Museum haben jedenfalls eine sehr spannende Kollektion, die perfekt in den jeweiligen Gebäuden präsentiert wird. An Thorvaldsen scheiden sich durchaus die Geister, und manchen ist er sicher zu kitschig, aber in dem Neo-Renaissance-Tempel, den ihm seine Landsleute gebaut haben, wirkt sein klassizistischer Schwulst einfach gut. Und in der Glyptotek gibt es ein paar sehr interessante Gegenüberstellungen motivgleicher Skulpturen aus verschiedenen Epochen oder unterschiedlicher Schaffensphasen der gleichen Künstler, was wirklich sehr lehrreich ist und einen die einzelnen Stücke gleich wieder mit ganz anderen Augen sehen lässt.

Man sieht: Auf den zweiten Blick hat Kopenhagen doch eine Menge kultureller Highlights zu bieten. Ganz abgesehen davon, dass die Stadt selbst eben auch eine echte Schönheit ist. Mit nichts als ein bisschen Morgennebel an ist sie wirklich umwerfend ...
 

1 Kommentar:

  1. ...nur noch zwei Wochen? Auf was warte ich, wenn dieser Block nicht mehr bedient wird? Du solltest schon mal überlegen, wie du deine Leser über den Winter bringst...

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