Dienstag, 2. Juli 2013

Sommer in der Stadt

Spätestens seit meinen letzten Posts dürfte unmissverständlich klar geworden sein, dass von mir nicht viel touristische Geheimtipps für die vielleicht netteste, lebenswerteste Metropole Europas zu erwarten sind. Ich entschuldige mich in aller Form.

Aber immerhin kann ich allen zukünftigen Kopenhagen-Besuchern ein paar praktische Merkwürdigkeiten mit auf den Weg geben. Was einen als Gast in dieser Stadt positiv überraschen dürfte, ist die geringe Größe der eigentlichen Stadt und die damit unvermeidlich zentrale Lage von Sehenswürdigkeiten oder einfach nur schönen Ecken. Die Niels Hemmingens Gade zum Beispiel ist eine Nebenstraße der Shopping-Meile Ströget, in der man nach ein paar Metern wunderschöne alte Fachwerkbauten findet, die als Wohn- und Geschäftshäuser ganz normal genutzt werden. Spektakulär ist das sicher nicht, aber heimelig.

Ausgesprochen merkwürdig ist aber die Vorstellung, die man hier von organisiertem Tourismus hat - das lokale Fremdenverkehrsamt scheint jedenfalls mit bestenfalls einer Halbtagsstelle ausgestattet zu sein, bei der seit Jahren die Schwangerschaftsvertretung im Krankenschein ist. Anders gesagt könnte man den Eindruck bekommen, dass - wie in vielen Hauptstädten - alle Einheimischen im Sommer außerhalb Urlaub machen und deshalb - wie nicht unbedingt in allen Hauptstädten - die Bürgersteige hochgeklappt werden. Wer kommt schon nach Kopenhagen? Und wer braucht den öffentlichen Nahverkehr, wenn doch eh alle Einheimischen Rad fahren. Also wird kurzerhand (mit drei Tagen Vorwarnung) die Metro für zwei Monate außerhalb der Kernzeiten durch Busse ersetzt. Da fühle ich mich doch direkt wie daheim bei der guten DB, wenn es am Bahnsteig heißt: "Für eventuell entstehende Unannehmlichkeiten möchten wir uns entschuldigen." Mhm, wie kommen die darauf, dass es ein Problem sein könnte, die alle fünf Minuten fahrende Metro durch halbstündliche Busse zu ersetzen?

Oder, auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, das weithin beworbene Tycho-Brahe Planetarium. Name und Verpackung sind vielversprechend, beworben wird es (wie eigentlich alles hier) als "das größte Skandinaviens", und umso mehr reibt sich der arglose Tourist die Augen, wenn er durch die fünf lieblos ans IMAX angepappten Ausstellungsräume voller ausschließlich dänisch beschrifteter Exponate geht und dann mit den Einheimischen Reise nach Jerusalem um einen Sitzplatz spielt, wenn er eine Stunde wartet, bis er endlich ins Kino darf, wo einen dann statt 15.1-Surround ein Kopfhörer mit englischer Tonspur erwartet, auf der ein misslauniger Däne lustlos die Sternguckerei belabert. Ein touristisches Highlight sieht anders aus.

Aber man kann eben gut spazieren gehen, und das aus lang und ausgiebig. Noch ein Grund mehr, warum man die Metro einfach mal in Sommerferien schicken kann. Es ist ja schließlich polarsommerlich lange hell - da kann man auch mal mitten in der Nacht ein paar Stunden zu Fuß gehen. Außerdem sind von morgen an alle unter Fünfundzwanzig eh in Roskilde, da werden dann wahrscheinlich auch noch die S-Bahnen und Regionalzüge eingemottet. Bevor mich jemand falsch versteht: Ich kann mich damit gut arrangieren, weil ich lange genug hier bin und mich mit der zwischen Zwangsneurose und Generalarschlecken oszillierenden Mentalität angefreundet habe, aber wenn ich mir vorstelle, hier früh morgens als Touri aus dem Flugzeug zu steigen und einen freundlichen Aufsteller statt eines Zugs am Bahnsteig zu finden ... Was ein Glück, dass einem nur in schlechten Filmen einfach so der Kopf explodiert.

Den Eingeborenen fällt auch so manches auf, nur weiß ich, wie meistens, nicht wirklich, was sie mir sagen wollen. Und so wirklich einig scheinen sie sich auch nicht zu sein.



Das erklärt wahrscheinlich aber auch so manches!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen