Mittwoch, 17. September 2014

Es kommt nicht auf die Größe an. Wirklich nicht.

Der Grand Canyon. Ich wollte unbedingt hin, und ich würde nie versuchen, ihn jemandem auszureden, aber ganz im ernst: von allen Orten, die wir gesehen haben, ist er der, zu dem ich nicht nochmal müsste. Nicht, dass ich etwas schlechtes gegen ihn sagen wollte - dafür ist er viel zu groß, und nicht, dass er noch seine Brüder mitbringt und mit eins aufs Maul verpasst. Genau das ist aber sein Problem: er ist zu groß.


Aber eins nach dem anderen. Auf dem Weg aus Las Vegas nach Osten kommt man quasi unweigerlich am Hoover-Staudamm vorbei. Noch vor zwanzig Jahren musste man sogar über ihn drüber, was man heute durch eine neue Autobahnbrücke vermeiden kann. Wir haben natürlich trotzdem dort gehalten und ihn uns angeschaut.Was einem direkt auffällt, ist der Raubbau mit dem Trinkwasser, den Las Vegas betreibt. Der Stausee ist auf einem historischen Tiefstand, und in ein oder zwei Jahren wird der Wasserdruck nicht mehr ausreichen, um die Turbinen des Kraftwerks zu betreiben - von allem anderen ganz zu schweigen. Architektonisch ist der Damm aber ausgesprochen faszinierend, sowohl was sein Jugendstil-Dekor angeht als auch was die Umsetzung politischer und pragmatischer Vorgaben angeht. Nur ein Beispiel: Weil der Damm auf der Grenze zwischen zwei Bundesstaaten steht, hat er die beiden Ausleger mit mehreren Türmen, an denen jeweils eine Uhr die Lokalzeit zeigt. Nevada und Arizona sind zwar in der gleichen Zeitzone, haben aber nicht beide Sommerzeit - auf so etwas muss man erst einmal kommen.

Auf unserem Weg zum Grand Canyon sind uns dann schon relativ früh die Rauchschwaden aufgefallen. Als sie noch weit weg waren, fanden wir sie noch interessant. Als sie immer näher kamen, haben sie uns ein bisschen nervös gemacht. Als wir dann auf die endlos lange Zubringerstraße zum Canyon eingebogen sind und dort Schilder standen, die uns auf die 'kontrollierten' Waldbrände hingewiesen haben, ist uns das Lachen vergangen. Eine Stunde lang mit reduzierter Geschwindigkeit dumpf geradeaus zu fahren ist ja schon unter normalen Umständen kein Spaß, aber mit einem staatlich abgesegneten Waldbrand um einen herum ist das einfach nur beunruhigend. 

Es war dann auch nur passend, dass wir die dicke Wand mit Rauchschwaden genau an der Einfahrt in den Grand Canyon National Park durchquert haben. Dahinter wurde die Luft besser, aber tatsächlich hing der Canyon voller Rauch, wodurch wir einen ziemlich ungewöhnlichen Blick auf ihn bekommen haben dürften. Das Problem mit der Größe, von dem ich eingangs gesprochen habe, ist eher eins des Maßstabs, wenn ich es recht bedenke. Der Grand Canyon ist ziemlich genau eine Meile tief und mehr als ebenso breit. Das sind schlichtweg Maßstäbe, für die uns der menschliche Vergleich fehlt. Man sieht sich das an und, ja, es ist sautief. Das ist irgendwie erhaben, aber gleichzeitig auch etwas nichtssagend. Allein schon deshalb, weil durch diese enormen Dimensionen alles so weit weg ist, dass man auch auf eine gigantische Fototapete starren könnte. Es ist ein Mikrokosmos, ein Ort, an dem man wahrscheinlich (als theoretischer, physisch fitter Mensch) zwei Wochen Wanderurlaub machen könnte, ohne dass es einem auch nur einen Moment langweilig würde. Wo die Wanderung durch Bryce Canyon wie ein geselliges, intimes Date war, hatte Grand Canyon eher was vom Treffen auf einen Superstar, der einem hektisch ein Autogramm hinkritzelt - spektakulär, aber ein bisschen belanglos.





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